28.04.2007

 

popmonitor.berlin
* eine Veranstaltungsreihe von bands-in-berlin.com *

live: SIVA. + STERNBUSCHWEG

Es geht um Musik. Es geht um Bands. Es geht um Berlin.
Vielleicht sogar um mehr?!SIVA.
(indie.electronica/berlin)
Bei SIVA. kann alles passieren. Jung und rastlos wie sie sind, wird geschraubt und gefeilt an ihrem Traum, immer aus dem Bauchgefühl gehandelt und Schicht für Schicht haben sie uns ein Album gebaut, was wie ein Hochhaus vor uns ragt.
Alles hätte ganz einfach sein können, die Pläne waren gemacht als nach zwei selbstproduzierten EPs und über 90 Konzerten die Arbeiten am Album im Frühjahr 2006 im Studio Bellevue, Berlin, begannen. Zusammen mit Thom Kastning (Kate Mosh, sdnmt, Kam.as) wurde aufgenommen, überdacht, gelacht und geschichtet. Vier Wochen waren geplant, aber schnell wurde klar dass dieses Tempo dem Album nicht gerecht werden würde. 6 Monate später war man schlauer und hatte die fertige Platte in der Hand. In mühevoller Kleinstarbeit ist hier Großes entstanden: flirrende Gitarren, Laptop Loopings, analoge Elektroniksprenkel und der ein oder andere Griff in die bunte Kiste mit der Aufschrift Instrumentarium. Da werden Kinder gesampelt, die vorbeifahrenden Züge in die Aufnahmen integriert, BBC angezapft, gefiltert, stimmen zerlegt und neu zusammengesetzt. Während der Aufnahmen kristallisierte sich ein weiterer Umbruch heraus. Die Band besteht nur noch aus dem Songschreiber, Gitarrist und Sänger Andreas Bonkowski, als man die Studiotür hinter sich schließt. Was nun? Schon wieder ein ordentlicher Fahrplanwechsel. Nils Frahm, Pianist und Elektroniktüftler, der schon an der Elektronik des Albums beteiligt war, gesellt sich dazu und bringt Sebastian Singwald mit ins Boot, einen weiteren Multi-Instrumentalisten und Bastler. Somit fehlte nur noch ein passender Schlagzeuger, der jetzt in Form von Jens Gathemann (Kate Mosh) zu ihnen stieß. Sofort wird unmissverständlich klar, dass dies das mit Abstand turbulenteste Jahr der Bandgeschichte war, voller Zerwürfnisse. Von null anfangen und gestärkt stehen bleiben. „the story is complete, but i think we've lost the book“ trägt all das in seinem ironisch gebrochenem Titel und weiß um seine Wahrheit. Schließlich war das von Anfang an als Albumtitel geplant. Soso. Hier wird tiefer gegangen als bei allem was SIVA. zuvor auszeichnete, all die Kontraste und Facetten ergeben hier eine stimmiges Ganzes und lassen Unvorhersehbares geschehen. Um uns und für uns. Und verändert. Schauen wir doch mal was SIVA. für uns verändern können.

Den Namen der Band STERNBUSCHWEG hörte man in den vergangenen Jahren schon häufiger. Oft ging es darum, sie zu den hoffnungsvollsten Indie-Bands des Landes zu zählen, manchmal ging es auch darum, sich zu fragen, ob die Band nur mit dem Ruf kokettiert, „the laziest men in showbiz“ zu sein, oder ob sie es tatsächlich sind.
Diese Frage hatte sich für mich in dem Augenblick von selbst beantwortet, als ich vor ein paar Tagen die Aufnahmen für ihr Debutalbum erhielt und zum ersten Mal anhörte: dieses Album hat genau die Zeit bekommen, die es brauchte, es hätte in der Tat keinen Augenblick früher passieren können und sollen. Seit ihrer letzten EP hat sich eigentlich nichts und doch irgendwie alles verändert. Der Bandsound wurde konsequent weiterentwickelt, STERNBUSCHWEG klingen nach wie vor groß und elegant, aber sie sind viel lauter und direkter geworden; man kann sogar sagen, sie haben einen Sound, der mit keiner Band hierzulande vergleichbar ist.
Noch immer ist es diese Rhythmusgruppe, die sich offensichtlich unzählige Mengen alter Soul-und Raveplatten einverleibt hat und sie nun stückweise wieder herausschleudert. Darüber legen sich die Gitarren, endlose Folgen von Melodien und Hooklines, eingebettet in eine Wand aus Hall, die mit Leichtigkeit die Licks eines Johnny Marr mit den haushohen Gitarrenwänden eines J.Masics verbinden. Von Zeit zu Zeit kommen noch Tasten von Rhodes bis zur Orgel hinzu und sie alle zusammen blicken nach vorn, zu der klaren Stimme von Wolfgang Müller-Molenar, der keinen Künstlernamen braucht und das Prinzip eines unaufdringlichen Morrissey zur Perfektion bringt. Dazu ihre Texte, die mit Songtiteln wie „Meine Liebe dauert länger als der Kommunismus“ oder Zeilen wie „Oh Julia, ich spring vom Dach, komm küss mich auf dem Pflaster wach“ und „Wenn wir es nicht tun, solange wir jung sind, wann sollen wir es dann tun?“ große Geschichten erzählen und gleichzeitig Slogans am Fließband herstellen.
Produziert hat wieder ihr langjähriger Freund Tobias Siebert, der auch beispielsweise für das letzte Album von Samba und das erfolgreiche Debut von Hund am Strand verantwortlich war, und der sonst auch in den Bands Klez.e und delbo musiziert. Fürs Mastering konnte Michael Schwabe gewonnen werden, der u.a. für Wir sind Helden, Tomte, Kante oder die Beatsteaks an den Reglern saß.
Sowohl auf der Bühne als auch auf Platte wird man 2007 nicht an STERNBUSCHWEG vorbeikommen. Nun, ich für meinen Teil kann mir kaum etwas Besseres vorstellen.
Herzliche Grüße, Ray Preston, Musikjournalist.

 

22.00 Uhr